Wo Ernst mit Spaß bewältigt wird
Rettungshunde - Die DRK-Staffel des Kreises Heidenheim gehört inzwischen zu den fünf größten in Baden-Württemberg. Die Arbeit mit den Vierbeinern erfordert aber auch Geduld und verlangt mitunter einiges ab. (HZ v. 29.08.2022)
Nein! Auf die Frage, ob sie sich ein Leben ohne Hunde vorstellen kann, muss Gertrud Fucker nicht lange überlegen. Die intelligenten Vierbeiner gehören zum Leben der 55-jährigen Hürbenerin wie das tägliche Brot. Seit es im Kreis Heidenheim eine DRK- Rettungshundestaffel gibt, ist Gertrud Fucker mit dabei, leitet gemeinsam mit Bernd Weireter die Staffel mit 33 aktiven ehrenamtlichen Hundeführern. 25 Hunde sind in Ausbildung, 8 geprüft und einsatzfähig.
Damit haben es die Rettungshunde des Deutschen Roten Kreuzes aus dem Kreis Heidenheim zu den fünf größten DRK- Staffeln im Bundesland Baden-Württemberg geschafft. Aus den bescheidenen Anfängen im Gründungsjahr 1996 ist längst eine schlagfertige Gruppe geworden. „Man kann schon sagen, dass sich das Rettungshundewesen hier fest etabliert hat“, sagt Getrud Fucker nicht ohne Stolz.
Bis zu 20 Einsätze im Jahr
Rund 15 bis 20 Mal im Jahr werden die Hunde zu Vermisstensuchen gerufen, meist geschieht das in Kooperation mit der BRH-Rettungshundestaffel, die als Rettungs- und Suchhundegruppe (ReSuG) ebenfalls ehrenamtlich im Einsatz ist. Als beispielsweise im Januar dieses Jahres ein Mann als vermisst gemeldet wurde, durchkämmten die Helfer mit ihren Hunden die ganze Nacht hindurch Flächen um Giengen, Hermaringen und Niederstotzingen.
Um 6 Uhr in der Früh wurde der Einsatz zunächst erfolglos abgebrochen, ehe dann weitere Aktionen folgten. Das geht für Mensch und Tier an die Belastungsgrenze, und deshalb muss eine straffe Organisation her, die entsprechende Ruhepausen umfasst. Leider wurde die gesuchte Person später tot aus der Brenz geborgen. Doch es gab auch schon Erfolgsmeldungen: Vor zwei Jahren wurde eine vermisste Person im Heidenheimer Osterholz von einem Hund aufgespürt.
Die meisten ausgebildeten Hunde der Heidenheimer DRK- Staffel sind Flächensuchhunde, ein paar wenige Trümmersuchhunde. Um die Vierbeiner mit ganz unterschiedlichen Szenarien und Umgebungen vertraut zu machen, wechseln die Trainingsorte ständig ab. Mal geht es auf den Pausenhof eines Schulgeländes, mal in den Wald, in eine Reithalle oder auch auf Firmengelände.
Zweimal in der Woche wird trainiert, und der Weg zu einem ausgebildeten Suchhund ist durchaus anspruchsvoll. Im Rahmen eines Eignungstests wird erst einmal ermittelt, ob der Hund für die Rettungssuche geeignet ist. Durch den Einsatz akustischer Störfaktoren wie etwa die Geräusche von Rasenmähern oder Motorsägen und visuellen Ablenkungsmanövern lässt sich schnell herausfinden, ob der beste Freund des Menschen die Ruhe behält oder zur Panik neigt.
Besteht er diesen Eignungstest, wird er durch zahlreiche Übungseinheiten auf die Prüfung vorbereitet. „Eine Ausbildung dauert mindestens zwei Jahre“, unterstreicht Gertrud Fucker, dass erst einmal Geduld gefragt ist. Außerdem muss die Prüfung alle zwei Jahre wiederholt werden.
Jagd- und Hütehunde haben erfahrungsgemäß die besten Chancen, eine Ausbildung erfolgreich zu absolvieren. Grundsätzlich seien körperliche Fitness des Tieres, eine ausgeprägte Neugier, Freude an der Arbeit und eine gute Sozialisation im Verbund der Gruppe vielversprechende Voraussetzungen.
Die Kunst bestehe darin, den Hunden irgendwie zu vermitteln, dass die Suche nach einem Menschen spannender ist als alles andere, was davon ablenken will. Der eigentliche ernsthafte Hintergrund, vermisste Personen aufzuspüren, soll dem Hund Spaß machen. Gleichzeitig sagt Gertrud Fucker aber auch: „Wir sind kein Hunde-Spaßklub!“ Ziel sei es, ein einsatzfähiges Team zu generieren. Und der Aufwand, um einen hohen Standard in der Vermisstensuche zu halten, ist durchaus groß. 2021 kam die Staffel Heidenheim auf rund 7000 Stunden, die im Übungsbetrieb oder bei Einsätzen geleistet wurden.
Die Arbeit fordert auch viel Geduld, ist mitunter eine Herausforderung. Denn überall dort, wo Lebewesen mit unterschiedlichen Temperamenten und Charakteren aufeinandertreffen, geschieht auch Unvorhergesehenes. „Wir haben es aber noch nie erlebt, dass ein Hund im Übungsbetrieb abgehauen ist“, schränkt Gertrud Fucker ein. Doch immer wieder gibt es auch lustige Momente: ein Labrador beispielsweise, der sein abgeholtes „Bringsel“ mit einer Pfote auf dem Kopf gestenreich unterstrich.
Spaß und ein guter Zweck
Was der Bereitschaftsleiterin am Rettungshundewesen am meisten zusagt, ist die Kombination einer tollen Freizeitbeschäftigung mit dem vierbeinigen Kameraden, die eben nicht nur allein sportlichen Aspekten Rechnung trägt, sondern auch einem Zweck dient, der helfen kann, Menschenleben zu retten.
Dabei gibt es durchaus auch Einsätze, die an die Grenzen der Belastbarkeit gehen. Auch im Entführungs- und Mordfall Maria Bögerl wandte sich die Polizei an die DRK-Rettungshundestaffel. Es sei ein Einsatz gewesen unter „extremen Bedingungen, in enger Zusammenarbeit mit der Polizei“, erinnert sich Gertrud Fucker. Hinzu kam eine erhöhte psychische Belastung. „Wir wussten, in diesem Fall hatten wir es mit einem Verbrechen zu tun. Und die öffentliche Aufmerksamkeit hatte eine ganz andere Dimension.“
Unterm Strich aber sind es die freudigen Momente der Kooperation zwischen Mensch und Tier, die das zeitaufwendige Hobby bereichern. Auch sogenannte „Rentenhunde“, die zur Vermisstensuche nicht mehr eingesetzt werden können, dürfen noch mittrainieren. Gertrud Fucker selbst, die seit 40 Jahren dem DRK angehört, nennt drei Schapendoes (niederländische Hütehunde) ihr eigen. Der älteste von ihnen heißt „Räuber“, ist mit gut 13 Lenzen schon im „Rentenalter“. Sein Kollege „Knopf“ ist neun Jahre alt und ausgebildeter Flächensuchhund, der kleine „Joey“ ist mit anderthalb Jahren noch in der Ausbildung. Der zweifachen Mutter, die ursprünglich aus Gussenstadt kommt und bei der BSH in Giengen in der Teamleitung der Entwicklung beschäftigt ist, dürfte es damit auch in der Freizeit nie langweilig werden. Aber wie gesagt: Ein Leben ohne Hunde ist für sie und ihren Mann Frieder nicht vorstellbar. „Nicht einmal ein Urlaub“, ergänzt sie. Was könnte einen Menschen für die Leitung einer Rettungshundestaffel wohl besser qualifizieren?
Hunde und ihr ausgeprägter Geruchssinn
Was Hunde zur Personensuche besonders qualifiziert, ist ihre Nase. Ein Hund riecht im Durchschnitt mindestens 44mal besser als ein Mensch und verfügt darüber hinaus über ein Geruchsgedächtnis, das heißt, er kann sich an Gerüche erinnern.
Ein Phänomen ist auch, dass Hunde die Wahrnehmungen, die sie über den rechten oder linken Nasenflügel aufnehmen, differenzieren können. Das heißt, sie riechen sozusagen stereo.
Die Fähigkeit, Gerüche zu differenzieren, gepaart mit der Leidenschaft, mit Menschen partnerschaftlich zusammenzuarbeiten, machen Hunde für die Personensuche so wertvoll, betont folgerichtig auch Gertrud Fucker.