Rettungswagen für die Ukraine
Spende - Zwei Amerikaner haben dem DRK ein Fahrzeug abgekauft und der Heidenheimer Hilfsaktion übergeben. Die bringt es jetzt gemeinsam mit den Spendern an die ukrainische Grenze. (HZ v. 30.06.22)
Dass Chris Garcia, ein Ex-Feuerwehrmann aus Salt Lake City, und sein Schwager Rob Hellewell aus Washington D. C. seit über 24 Stunden nicht mehr geschlafen haben und ihnen obendrein noch ein Interkontinentalflug in den Knochen steckt, merkte man den Männern am Montagnachmittag nicht an. Da Bekamen die beiden Amerikaner vor der Rettungswache des DRK Heidenheim die Schlüssel für einen Rettungswagen überreicht, der von ihren Spenden gekauft wurde. "Wir wollten einfach etwas ganz Konkretes und Praktisches machen, um der Ukraine zu helfen", sagt Chris Garcia. Und sein Schwager Rob ergänzt: "Wir wollten vor allen Dingen jetzt zu diesem Zeitpunkt etwas machen. Der Krieg dauert jetzt seit vier Monaten und manche Leute fangen so langsam an, diese Tatsache zu vergessen."
Eigentlicher Empfänger der Fahrzeugspende ist aber der Verein Heidenheim-für-Ukraine. Der wurde direkt nach Kriegsausbruch von Heidenheimern spontan gegründet, um den Menschen in der Ukraine helfen zu können. Die Vorsitzende Jasmin Glänzel-Seibold arbeitet im "normalen" Leben als Lehrerin für Latein und Geschichte am Max-Planck-Gymnasium. Sie wollte mit der Vereinsgründung die Schockstarre überwinden, in der sich im Moment des Kriegsausbruchs befand, wie sie erläutert: "Und zwar durch Handeln: Was kann ich als kleiner Bürger tun, was kann ich diesem schrecklichen Angriffskrieg und diesem Putin entgegenhalten", hat sie sich damals gefragt.
Eine Antwort auf diese Frage hatte sie schnell gefunden. "Wir stellen wöchentlich Transporte zusammen nach Bedarf", erläutert Jasmin Glänzel-Seibold. Was gerade im Kriesengebiet am dringendsten benötigt wird, wissen die Vereinsmitglieder von aus der Ukraine Geflüchteten, die mittlerweile in Heidenheim leben und Kontakt zu ihren jeweiligen ukrainischen Gemeinden haben. Über diese Schiene drang dann eine Bitte um Rettungswagen aus dem südostukrainischen Melitopol bis zu den Helfern in Heidenheim vor. Die eigenen Rettungswagen in der ca. 150.000 Einwohner zählenden Großstadt unweit der Schwarzmeerküste sind im Zuge der russischen Angriffe zerbombt worden, wie der Verein mitteilt.
Über die Feuerwehr hat Jasmin Glänzel-Seibold erfahren, dass das Heidenheimer DRK einen Rettungswagen abzugeben hat. Jens Bader, ein Giengener, dessen Frima Ventilatoren, Lüfter und Schaumerzeuger für Feuerwehren produziert und der den Ex-Feuerwehrmann Chris Garcia aus Salt Lake City seit vielen Jahren persönlich kennt, hat dann den Kontakt hergestellt. Er wusste, dass die zwei Amerikaner nach einer Möglichkeit gesucht hatten, wie sie der Ukraine helfen könnten: "Der Christ hat mich angeschrieben und gesagt, wir möchten einen Krankenwagen und medizinische Ausrüstung kaufen und spenden", so Bader. Umgerechnet 12.000 Euro haben Chris Garcia und Rob Hellewell für das Fahrzeug ausgegeben.
Viele Heidenheimer haben die Arbeit des Vereins in den letzten Wochen bereits mit Geld und Sachspenden unterstützt, sagt Jasmin Glänzel-Seibold. "Am Anfang ging das steil nach oben und blieb dann über einen längeren Zeitraum auf einem hohen Niveau", erläutert die Vereinsvorsitzende. Sie hat aber auch feststellen müssen, dass die Spendenbereitschaft in letzter Zeit von Woche zu Woche immer weiter abnimmt. "Dagegen arbeiten wir jetzt mit solchen Aktionen an", erläutert sie und meint damit die spendenfinanzierte Übergabe eines Rettungswagens an die Ukraine.
Sofort startbereit
Thomas Lieb, stellvertretender Rettungsdienstleiter beim DRK in Heidenheim, hat das Fahrzeug für die Übergabe und den Transport in die Ukraine hergerichtet. "Wir haben alles, was man auffüllen kann, wie zum Beispiel Verbandsmaterial, aufgefüllt, haben noch eine Beatmungsmaschine, eine Trage und einen Tragestuhl mit dazu gepackt. sodass man quasi sofort starten kann", erläutert Lieb. Der Mercedes-Sprinter befand sich in den letzten Jahren im Fuhrpark seiner Rettungswache und war seit 2016 im Landkreis Heidenheim im Einsatz. "Der hat seinen Dienst gut getan", so Lieb.
Das Fahrzeug ist ein handelsüblicher Rettungswagen und trotz seiner 200.000 Kilometer auf dem Tacho befindet es sich in einem sehr guten Zustand. "Ich habe ihn am Wochenende noch einmal auf Herz und Nieren checken lassen: Man kann den guten Gewissens so verkaufen", sagt Lieb lachend. Vollgetankt war das Fahrzeug für die Übergabe obendrein, "bis zur ersten Grenze sollte es reichen", so Thomas Lieb.
Seit Dienstagmorgen sind Chris Garcia und Rob Hellewell jetzt zusammen mit einem Hilfstransport unterwegs an die polnisch-ukrainische Grenze. Die beiden Spender wollten es sich nicht nehmen lassen, "ihren" Rettungswagen persönlich abzuliefern, bevor es am Wochenende wieder zurück nach Amerika geht.
Vieles wird benötigt
Wer den Verein unterstützen möchte, sollte sich am besten zuerst auf der Homepage heidenheim-fuer-ukraine.de darüber informieren, was gerade benötigt wird. Dort findet man eine Bedarfsliste der Sachspenden und unter "Jetzt helfen" auch die Nummer des vereinseigenen Spendenkontos.
Gesammelt werden unter anderem Medikamente, haltbare Lebensmittel und Konserven, Hygieneartikel und Windeln für Kleinkinder und Erwachsene sowie technische Geräte wie zum Beispiel Generatoren, mobile Photovoltaikanlagen oder Taschenlampen und auch Batterien.
Die Sachspenden können ins Jahnhaus in der Wilhelmstraße 200 gebracht werden. Der Verein bittet darum, keine Kleider oder Schuhe als Sachspenden abzugeben. Außerdem benötigen die Helfer dringend immer wieder leihweise Fahrzeuge zum Transport der Spendengüter.